Institut für Elebnispädagogik
Evaluationsstudie

Intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen in den Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII und ihre Folgen

 

Durchgeführt durch das

Institut für Erlebnispädagogik e.V.

an der Universität Lüneburg

 

Gefördert durch die Stiftung Deutsche Jugendmarke e.V. (Bonn)

Vorstellung des Projektes

1. Der Träger

Das Institut für Erlebnispädagogik e.V. ist als gemeinnütziger Verein und als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt. Zudem hat es die Anerkennung als An-Institut der Universität Lüneburg.

Das "Institut für Erlebnispädagogik e.V." ist Träger von Vorhaben, bei denen es um die wissenschaftliche Begleitung von Praxis-Projekten einerseits und die Sicherung der Forschungs-Ergebnisse für eine gelungene Praxisgestaltung andererseits geht. Die Durchführung von Tagungen und Seminaren dient darüber hinaus dem gegenseitigen Gedanken- und Meinungsaustausch auf nationaler und internationaler Ebene und trägt dazu bei, die Suche nach Ergänzungen und Alternativen zur herkömmlichen und institutionell verankerten Erziehung - regional und überregional - zu beschleunigen und zu innovieren.

Satzungsgemäß gehören folgende Aufgaben zur Ziel- und Zwecksetzung des Instituts:

•  Zweck des Vereins ist es, zur Verbreitung und Entwicklung der Erlebnispädagogik praktische und wissenschaftliche Beiträge zu leisten.

•  Erlebnispädagogische Möglichkeiten werden im Hinblick auf ihre praktische Nutzung geprüft und wissenschaftlich erforscht.

•  Die Ergebnisse werden in geeigneter Weise dokumentiert.

Praktische und wissenschaftliche Aktivitäten dienen unter anderem der Förderung

  • der öffentlichen Kinder- und Jugend-Gesundheitspflege;
  • der Fürsorge behinderter, straffällig gewordener, sozial benachteiligter und verhaltensauffälliger, kranker Kinder, Jugendlicher und Erwachsener;
2. Hintergrund der Studie

Intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen – häufig auch als erlebnispädagogische Maßnahmen bezeichnet – haben sich in den letzten 20 Jahren im Rahmen der “Hilfen zur Erziehung” (§§ 27 ff SGB VIII) herausgebildet und etabliert. Dennoch sind sie in der Öffentlichkeit, der Politik und der Fachwelt nicht unumstritten. Immer wieder kommt es zu Krisenfällen, die grundlegende Fragen in Bezug auf den Sinn und die Notwendigkeit dieser Maßnahmen aufwerfen. An den immer wieder aufflammenden Diskussionen um Auslandsmaßnahmen sind vor allem das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, das Auswärtige Amt, das über Konsulate und Botschaften mit diesen Maßnahmen in häufig unerfreulichen Kontakt kommt, und die pädagogische Fachwelt beteiligt. Die Hilfeform der intensivpädagogischen Auslandsmaßnahmen wird von öffentlichen Trägern in allen Teilen der Bundesrepublik in Anspruch genommen und von bundesweit agierenden freien Trägern angeboten. Dabei findet die Belegung solcher Maßnahmen in der Regel über Regional- und Landesgrenzen hinweg statt, was eine regionale oder länderspezifische Steuerung und Betrachtung deutlich erschwert. Seit Jahren beschäftigt das angesprochene Feld neben freien Trägern und Jugendämtern auch Landes- und Bundesbehörden, die über Gesetzgebung, Empfehlungen und Anweisungen intensivpädagogische Auslandsmaßnahmen zu qualifizieren versuchen. Eine wissenschaftliche Betrachtung des Feldes muss also überregional und bundesweit angelegt sein. Vor dem Hintergrund eines unbestrittenen Theorie- und Erkenntnisdefizits im Bereich der intensivpädagogischen Auslandsmaßnahmen ist das Vorhaben als innovativ und besonders bedeutsam zu bezeichnen.

Der Gesetzgeber hat mit den Neuerungen für Auslandsmaßnahmen im “Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz” KICK (verabschiedet im Juli 2005) zudem einen Qualifizierungsauftrag an die Praxis erteilt, der dringend wissenschaftlicher Begleitung und Fundierung bedarf. Das hier vorgestellte Projekt möchte sich an dieser notwendigen Qualifizierung und Fundierung von Auslandsmaßnahmen beteiligen.

3. Fragestellungen und Ziele der Studie

Wenn von intensivpädagogischen oder "erlebnispädagogischen" Auslandsprojekten und ihren Folgen gesprochen wird, müssen Wirkungen unterstellt werden, die in programmatischer Identitätsbildung und Sozialisation gemeint und mit evaluativer Begleitforschung von Auslandsmaßnahmen freier Träger der Kinder- und Jugendhilfe erreicht werden können. Diese sind nach §35 SGB VIII der intensiven sozialpädagogischen Einzelbetreuung oder der Betreuung in meist kleinen Gruppen nach §34 SBG VIII verfasst und umgreifen das hier vorgestellte Projekt.

Dem Projekt liegen damit folgende Kernfragen zugrunde:

  • Wie werden intensive sozialpädagogische Betreuungen im Ausland auf erlebnispädagogischer Grundlage wirksam?
  • Welche Aspekte machen sie als Alternative gegenüber anderen sozialpädagogischen Maßnahmen begründbar?
  • Welche Folgen hinterlassen sie für einen anschlussfähigen Betreuungsverlauf nach der Auslandsmaßnahme?
  • Welchen Einfluss haben erlebnispädagogische Auslandsprojekte auf abweichendes Verhalten bei schwierigen Kindern und Jugendlichen?
  • In welcher Weise ist Erlebnispädagogik in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe im Ausland als Sozialisationsinstanz zu sehen und welche prospektiven Entwicklungsbedingungen können ihr zugeschrieben werden?

Ziel des beantragten Projektes ist es, auf Grundlage evaluativer und begleitender Praxisforschung die gestellten Fragen zu beantworten. Das Projekt ist so angelegt, dass in der Auswertung repräsentative Ergebnisse gewonnen werden, die zur Qualifizierung und Weiterentwicklung intensivpädagogischer Auslandsmaßnahmen in den Hilfen zur Erziehung beitragen.

Zielgruppe dieser Qualifizierung sind Fachleute auf den Ebenen der freien Träger, der Jugendämter, der Landes- und Bundesbehörden und der Dach- und Berufsverbände. Die Ergebnisse sollen demnach nutzbringend für die Praxis, Administration und Politik aufgearbeitet und dargestellt werden.

Zielgruppe der Erhebung sind Kinder und Jugendliche, die sich als Klienten in intensivpädagogischer Auslandsbetreuung befinden. In der Regel handelt es sich dabei um Jugendliche mit besonderen Problemhintergründen, die häufig bereits eine lange Karriere durch Einrichtungen der Jugendhilfe und/oder angrenzender Hilfesysteme wie Kinder- und Jugendpsychiatrie oder Jugendjustiz, durchlebt haben. Somit befindet sich die angesprochene Klientel intensivpädagogischer Auslandsmaßnahmen häufig im Spannungsfeld zwischen Jugendhilfe, Psychiatrie und Strafvollzug. Neben den geschilderten Kernfragen wird auch die Reflexion und Erhebung dieser Hintergründe Gegenstand des Projektes sein.

Die pragmatischen Evaluationsbefunde geben den beteiligten Trägern die Möglichkeit für unmittelbare Rückmeldung, Anleitung und Hilfestellung. Darüber hinaus werden die Gesamtergebnisse des Projektes über Veröffentlichungen in Fachzeitschriften, eine Buchveröffentlichung und eine abschließende Fachtagung in die Praxis zurückgegeben und bilden die Grundlage für trägerspezifische, aber auch feldspezifische und administrative Weiterentwicklungen auf den Ebenen der freien Träger, Jugendämter und Landes- und Bundesbehörden

4. Methodisches Vorgehen

Kern der Erhebung werden teilnehmende Beobachtungen vor Ort – also im Ausland – sein. Hierbei werden 60 Einzelmaßnahmen von insgesamt 20 Trägern untersucht werden. Hinzu kommt eine umfangreiche Voruntersuchung, die grundlegende Daten über Träger und Klienten erheben wird.

5. Kooperation und Beratung

Um die Akzeptanz des Vorhabens zu optimieren, die Kooperation möglichst vieler Träger zu erreichen und um Fragestellungen und Belange verschiedenster betroffener Stellen berücksichtigen zu können, wird eine möglichst breite Kooperation mit Dach- und Fachverbänden und sonstigen fachpolitischen Stellen wie dem BMFSFJ, der BAGLJÄ oder den kommunalen Spitzenverbänden angestrebt.

Projektbegleitend wird ein wissenschaftlicher Beirat einberufen, der jeweils einmal in der Phase der Feldvorbereitung und vor der Auswertung der Daten zusammentritt. Dieser Beirat wird sich aus Fachleuten aus den Bereichen Bundespolitik (BMFSFJ), Landesbehörden (BAGLJÄ), Jugendämtern, freien Trägern, Dach- und Berufsverbänden, Kinder- und Jugendpsychiatrie und –psychotherapie und der Presse zusammensetzen.


Geleitet wird die Studie von Herrn Prof. Dr. PhDr. Jörg W.Ziegenspeck (Lüneburg) und Herrn Prof. Dr.habil. Torsten Fischer (Lüneburg und Güstrow) unter der Mitarbeit von Herrn Dipl.-Päd. Holger Wendelin (Lüneburg) und Herrn Dipl.-Päd. Stefan Pforte (Güstrow).


Das Projekt hat am 01.11.2006 begonnen und ist auf 2 Jahre angelegt.